1476

Der Dorfmusikant und Schafhirte Hans Böhm aus Niklashausen, auch Pfeiferhänslein genannt, war An- und Wortführer einer der frühen antifeudalen Erhebungen, die vor etwa 500 Jahren dem großen Bauernkrieg vorhergingen. Er verband die damals verbreiteten, religiösen Heilserwartungen von bevorstehenden großen Umwälzungen mit politisch revolutionären – ja, frühen kommunistischen Vorstellungen. Der Traum von einer Sache war geboren! Aber Pfeiferhänslein ging noch weiter: Er versuchte, die Forderungen der Bauern in die Tat umzusetzen, und organisierte den bewaffneten Aufstand.

Es war der erste warme Tag, er saß auf einem Stein,
die Schafe grasten auf der Weide,
es war noch Wochen hin bis zu der großen Schererei.
Den ganzen langen Winter, mit Schnee bis in den März,
hat Hans gesungen und gespielt,
in der Schänke für ’ne Suppe und ’n Platz neben dem Herd.
Hörte von den Bauern ihre Sorgen, sang vom Hals ihnen die Wut
auf des fetten Bischofs Gier, die Frondienste und den Abgaben-Betrug.
Jetzt jagten Reiter wieder übers Feld, zerstörten Zäune und die neue Saat.
Und in der Nacht hatte er wieder diesen Traum, und so hört, was er dann tat:

Vierzehnhundertsechsundsiebzig, am Rosensonntag nach der Messe,
verbrennt er auf den Kirchenstufen seine Trommel,
predigt wütend gegen Kaiser, Papst und Gutsherren Gesetz:
Weg mit all dem goldnen Plunder, niemand habe fortan Recht,
mehr als andere zu besitzen.
Alle Menschen Brüder! Niemand mehr ein Knecht!
Fisch im Wasser, Weide, Holz und auch das Wild in Wald und Flur
gehören uns, ihr Leute, steht auf! Nehmen müssen wir’s uns nur.
Seine Worte fingen in den Köpfen Feuer, liefen los von Mund zu Mund.
Am nächsten Sonntag standen um ihn vor der Kirche tausend Leute rund.

Und es wurden mehr und mehr, und sie kamen von überall,
Sonntag für Sonntag; Bauern, Bürger, arme Ritter,
Handwerker und Pfannenflicker ins Taubertal.
Auf einem umgedrehten Fass, mit der dunklen Kappe auf
und überm Schirm den roten Flecken, agitiert er,
ich schwör, er sah fantastisch aus,
wie am Sonntag vor Sankt Kilian, Vierzigtausend waren sie da schon,
er zu den Waffen rief und zum Sturm auf die Fürstbischofsbastion’.
Mit Sicheln, Speeren, Zinken, Lanzen, Hellebarden unterm Mondenschein
fand sich in einer warmen Julinacht der Niklashauser Bauernaufstand ein.

Doch der bischöfliche Rat auf dem Würzburger Schloss,
erhielt von seinen Spitzeln Nachricht,
schickte nachts los einen Reiter-Tross.
Und die stürmten sein Versteck, haben ihn aus dem Bett gezerrt,  
Hans gefesselt und geschlagen und entführt,
gefoltert und ins Burgverlies gesperrt.
Dass den Aufruhr dies ersticke, war der Plan der Reaktion,
aber Sechzehntausend zogen vor die Tore zur Befreiungsaktion.
Wie sie zusammenstanden, seine Lieder sangen, wild entschlossen, voller Mut,
fuhr es dem Bischof eisig in die Glieder, befahl: „Feuer auf die Bauernbrut!“

Aus der eisernen Kanone Dutzende Schüsse mitten rein
in den Haufen. Wer nicht liegen blieb, der rannte,
doch die Häscher, ohne Gnade, hetzten hinter ihnen drein.
Stachen hunderte zu Tode, schlugen Hände ab und mehr.
Es wurd geblendet und gemordet und gewütet,
Felder, Hütten, Scheunen ein Flammenmeer.
Hinter Festungsmauern hielt man tags drauf Schnellgericht
mit dem Urteil: Scheiterhaufen, Pfeiferhans der Ketzerei schuldig!
Heller Rauch stieg am Freitagmorgen überm Schottenanger auf.
Doch der Traum von einer Sache war im Wind und nahm von da an seinen Lauf!

Sie hatten keine Chance und haben alles verloren.
Aber fünfzig Jahre später gab’s da die erste Revolution!